Die Geschichte vom Austrudeln der Saison – 1899 Hoffenheim gegen Turbine Potsdam
Spielbericht zur AFBL-Begegnung: 1899 Hoffenheim gegen Turbine Potsdam am 28.05.2018
Auf zur letzten Auswärtsfahrt nach Hoffenheim. Es sollte die einhundertneunzehnte in der Fanbusgeschichte sein, und die längste der Saison noch dazu. Auch wenn „die Sache gegessen war“, es also um nichts mehr ging außer einen vierten Tabellenplatz zu sichern, nahm eine große Anzahl treuer Turbinefans in dem Bus Platz, sodass dieser fast ausgebucht gegen 4.30 Uhr morgens losrollte.
Es gilt, bei anstehenden Auswärtsspielen immer zwei Erlebnisse zu haben: Erstens das Live-Gegucke vor Ort incl. der Nähe zur Mannschaft – und zweitens die Fanbusfahrt an sich. Und es gilt, dass man die Mannschaft stets unterstützt, in welcher Situation auch immer.
Lobpreisung der Hoffenheimer Gastfreundlichkeit
Der Ausflug ins Kraichgau lohnte sich vollkommen! Nicht nur, weil die Zeremonie auf dem Rasen zu Hoffenheim vor dem Spielbeginn eine ganz eigene und somit besondere ist: Eine über 100 Jahre alte Hymne, das „Badnerlied“, quillt inbrünstig aus den Stadion-Lautsprechern. Zu diesen „uralten“ Hymnenklängen, die das Kraichgauer Land lobpreisen, schwenkt der„Hoffi“-Fan Jens Zimmermann auf dem Spielfeld die XXXXL-Fanclub-Fahne der „Blue Angels“ sanft und kraftvoll hin und her.
Ja, und dann diese warmherzige Stadionatmosphäre – auch uns fernangereisten Gästen gegenüber – unglaublich! Die Turbinefans, die mit dem „doppelten bayerischen Schock“ gebranntmarkt waren, was das gegensätzliche Erleben von Gastfreundschaft betrifft, genossen in Hoffenheim eine wahre Seelenwellness-Kur.
Der Stadionsprecher begrüßte mehrfach die angereisten Fans aufs Herzlichste. Er gestattete auch das Mitsprechen der Spielernamen beim Verlesen der Mannschaftsaufstellung. Der Eintrittspreis lag bei freundschaftlichen 3 Euro. Diese finanzielle Freundschaftsgeste war übrigens ein Auslöser einer spontanen Spendenaktion der im Bus sitzenden Turbinefans, die schnell mal
130 €
für den Hoffenheimer Nachwuchs sammelten und vor Ort übergaben. Und der Stadionsprecher bedankte sich dafür hörbar, eine Nachwuchstrainerin juchzte drauflos.
Und auch die Einlasskontrollen waren so etwas von frauenfußballgeerdet! Mit angemessener Gelassenheit und Ver- statt Misstrauen gewährten die Ordner den Stadioneinlass.
Die Toiletten waren in einem sauberen und gut klimatisierten Zustand, das kulinarische Angebot breitgefächert. Der Höhepunkt des Schleckergenusses war ein Eisbecher mit frischen Erdbeeren, Schlagsahne und Eierlikör, kreiert von einem sehr freundlichen Eismann.
Und dann scheint es noch weitere Fußballfamilien in Deutschlands Frauenfußballwelt zu geben. Oft wird von der Turbine-Familie gesprochen, aber besucht man das „Ländle“, spürt man eine familiäre, herzenswarme „Hoffi“-Familie. Spätestens dann, als die Verabschiedungszeremonie der sechs Hoffenheimer Spielerinnen mit teilweise tränenerstickter Stadionstimme durchgeführt wurde.
All diese oben erwähnten Lobpreisungen wären eine neu zu komponierende Stadionhymne wert. Der grobe Song-Text steht:-)
Ein saisonaustrudelnder Spielverlauf
Und nebenbei wurde auch noch Fußball gespielt. Das vorletzte Spiel dieser Saison, für Hoffenheim das letzte Heimspiel.
Ein hitziges Spiel, wenn man das ausschließlich auf die hochsommerliche Wetterlage bezieht. Die Rasensprenger liefen vor dem Spiel sowie in der Halbzeitpause und wurden von den Spielerinnen als Mannschaftsdusche benutzt. Es gab Spielunterbrechungen aufgrund von Trinkpausen. Dem Hoffenheimer Maskottchen, dem Elch „Hoffi“, war es in seiner Kluft vermutlich zu warm, er war diesmal nicht zu sehen.
Und die Torbienen starteten lethargisch in diese Partie. Wie in Zeitlupe liefen sie dem Ball in den ersten 30 Minuten hinterher und ließen vermuten, sich jeden Schritt zweimal überlegen zu wollen. Hoffenheim zeigte sich in dieser Anfangsphase hitzegestählter und zielte eifrig mehrmals auf das Potsdamer Tor, was diesmal von Turbines zweiter Torfrau Vanessa Fischer gehütet wurde. Es hätte in dieser ersten halben Stunde locker die Hoffenheimer Führung bedeuten können, aber dank der souverän agierenden Vanessa Fischer konnte das gerade noch so verhindert werden.
Lag diese mindere Spielqualität der Turbinen tatsächlich an der Hitze oder an der mangelnden Motivation oder an der veränderten Mannschaftsaufstellung? Denn neben Lisa Schmitz blieb auch die Kapitänin Lia Wälti auf der sonnendurchtränkten Auswechselbank sitzen. Die Turbinefans wurden in der ersten halben Stunde Zeugen einer austrudelnden Saisonspiels, dem das klare Ziel fehlte.
Befeuerung der Hitze
Aber dann wurde das wohlbekannte Dampflökchen „Huth! Huth!“ mit ein paar gleißenden Kohlen befeuert und netzte in der 37. Minute zum 1:0 ein. Dieses Führungstor bedeutete eine Initialzündung, denn jetzt schaltete die gesamte Mannschaft einen, in der zweiten Halbzeit sogar zwei Gänge höher. Spätestens jetzt konnte man begeistert dem Spielgeschehen zuschauen. Vergebene Torchancen oder nicht ankommende Finalpässe wurden von den Fans nachsichtig als „gute Idee“ betitelt. Und als die eingewechselte Wibke Meister nach gefühlten 15 Sekunden Spielpraxis auf 2:0, später sogar auf ein 3:0 erhöhte, wurde die Entscheidung, an der letzten Auswärtsfahrt teilzunehmen, bestätigt. Da ein Dampflökchen nicht ohne Qualm, äh Rauch, vor sich hintuckern kann, stand Feli Rauch in einer Situation goldrichtig und versenkte den Ball zum 4:0 im gegnerischen Netz.
Spätestens jetzt zeigten sich die Turbinefans auf den Rängen extrem freundlich und den Einheimischen zugewandt, indem sie dem nebenan sitzenden Hoffenheimer Mädchenchor mit den eigenen Trommeln „taktvoll“ unterstützten.
Mit vier Toren wurde Rang vier gesichert.
Daaaanke!
Das war die letzte Auswärtsfahrt in dieser Saison. Der Fanbus wird nun für die nächsten vier Monate bis Mitte September eingeparkt. An dieser Stelle ein ganz dickes Dankeschön an unsere herzensguten und sicher lenkenden Busfahrer Peter und „Detlef mit f“. Ihr seid eine wahre Wohltat! Und wir sehen uns zum Sommerfest des Fanclubs!
Und ohne unseren, kompetent organisierenden und durchdacht wirtschaftenden Hartmut Feike wären diese Fanbusfahrten undenkbar. Ein 119-faches Dankeschön!
Das letzte Spiel im heimischen „Karli“ wird am kommenden Sonntag (3. Juni) ausschließlich für die Fans arrangiert werden – als Dank der Spielerinnen an ihre treuen und reisefreudigen Fans. Jedenfalls könnte man davon ausgehen.
Lasst uns ein fröhliches Fußballfest zum Saisonabschluss feiern! Vorher, um 11 Uhr spielt noch dazu die U17 im „Karli“, also kommt früher und unterstützt unseren Nachwuchs lautstark!
Text: Susanne Lepke
Fotos: Felix Adamczik