Das Wunder von Potsdam

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Spielbericht zum Bundesliga-Spiel: 1. FFC Turbine Potsdam gegen Bayer Leverkusen vom 11.02.2022

Na, wer hat von den Leser:innen in der Nacht nach dem Spiel wunderbar geträumt? Denn wenigstens für eine Nacht stand unser Lieblingsteam auf dem 4. Tabellenplatz, nur einen winzigen Punkt von der CL-Qualifikation entfernt.

Wer bei diesem Spiel nicht zu den 817 Zuschauer:innen gehörte, hatte wirklich etwas verpasst! Freitagabend, Flutlichtspiel, 5 Grad, Glühwein. Und eine spontan eingeführte FFP2-Maskenpflicht, jedenfalls für den Augenblick der Einlasskontrolle. Auf den Plätzen herrschte die Abstandsregel – aber nicht im Fußballherzen. Wie erfreulich war auch die Nachricht für die Psycho-Hygiene einzelner Fans, dass ab sofort wieder die 3G-Regel zählte. Somit konnte der eine oder andere Edelfan nach langer Zeit der Abstinenz gemeinsam mit anderen Mitfiebernden die frische Karli-Luft aufsaugen.

Einen Tag zuvor hatte der Vorstand des 1. FFC Turbine Potsdam die Landespolitik darauf hingewiesen, dass die Erhöhung der Zuschauerzahl (derzeitige Grenze bei max. 1000) Berücksichtigung in der neuen Eindämmungsverordnung finden müsse. Auf die bundespolitische „Öffnung“ hatte Ministerpräsident Woidke gemeint, es gäbe keinen Handlungsbedarf, da Brandenburg keine Fußball-Bundesligisten aufweise…

Aber nun zurück vom Zwei-Jahres-Thema zur schönsten Sportart Potsdams, dem Frauenfußball des 1. FFC Turbine Potsdam.

Abschlussrunde (Foto: sas)

Die erste Halbzeit

Mit einem selbstvertrauensstärkenden 6:0-Sieg gegen Jena im Rücken, liefen unsere Turbinen gegen die Werkself aus Leverkusen auf. Am Spielfeldrand übernahm diesmal der Co-Trainer Dirk Heinrichs die Regie, da Sofian Chahed „zwei Striche“ betrachten musste. Der Tabellenfünfte (Potsdam) empfing den Tabellensechsten (Leverkusen). Ein Spiel auf Augenhöhe wurde erwartet – und eine Revanche für das Hinspiel-Dilemma im Frühherbst, als Potsdam zwar das Spiel machte, aber Leverkusen gewann.

„Auf geht’s, Potsdam, auf geht’s!“ erschallte es von den Rängen. Das gesamte Repertoire der Fangesänge wurde zelebriert, um die Turbinen anzufeuern. Diese wurden jedoch in der 31. Minute vom Co-Trainer aus Leverkusen mit einem martialischen Brüller übertönt, als die Nr.31 zur rechten Zeit zum 0:1 einnetzte. Ein wunderbarer Pass erreichte sie von der Mittellinie aus, um im Alleingang mittig auf das Gehäuse zuzusteuern und in die rechte Ecke abzuzielen.

Ähm… ja. Da half nur noch der Trost und die Hoffnung, dass Kössler „beim nächsten Mal“ (O-Ton eines Fans) ein Tortreffer gelingen werde. Gerade war sie, allein vorm Tor stehend, an der sehr sicher wirkenden Torfrau Friederike Repohl gescheitert.

Mit einem 0:1 ging es in die Halbzeitpause. Diese nutzte Edelfan Daggi, um sich vom Mittelpunkt des Rasens ein übergroßes Gummitier in Form eines Dinosauriers abzuholen. Der Sponsor des Tier- und Erlebnisparks Germendorf hatte diesen Trostpreis für das Fan-Halbzeitspiel gestiftet.

Die zweite Halbzeit

Nach einer Glühwein-Bratwurst-Inhalation ging es in die zweite Halbzeit. Trotz Rückstand war noch alles offen. Beide Mannschaften hatten bisher ein gutes, zweikampfbetontes Spiel mit Torchancen auf beiden Seiten gezeigt. Gelbe Karten hatte es noch nicht gegeben, Anlässe dafür schon. Und einige Werksspielerinnen überprüften immer mal wieder, ob es eine Rasenheizung im Karli gäbe.

Und dann passierte es: Sieben Minuten nach dem Anstoß zur zweiten Halbzeit foulte Anna Gerhardt eine Gegenspielerin im Strafraum und die Schiedsrichterin zeigte auf den Elfmeterpunkt. So ein Mist! Binnen weniger Sekunden folgten gegensätzliche Emotionen. Erst ein Jubel der Potsdamer Fans, denn unsere Torwartfrau Fischi hielt tatsächlich den Strafstroß, der von Nicolic ausgeführt worden war. Doch der Ball verbündete sich nicht mit den Torwarthandschuhen, sodass der nächste Brüller wieder von der Leverkusener Trainerbank kam. Nicolics Nachschuss saß dann. Ein bitteres 0:2 leuchtete gnadenlos von der Anzeigetafel. Eine gute halbe Stunde Spielzeit verblieb noch…

Als Dina Orschmann am Fanblock vorbeilief, um für die Einwechslung bereitzustehen, versprach sie, Gutes zu tun. Und sie hielt ihr Versprechen. In der 70. Minute sorgte sie nach einer ausgiebigen Pass-Stafette: Barth-Kössler-Cerci-Kössler-Holmgaard für den erlösenden Anschlusstreffer. Die Turbinefans konnten endlich die Blockfahne entrollen. Dina Orschmann nahm sich diese Jubelzeit nicht, sondern schnappte sich den Ball, damit ein schneller Anstoß erfolgen konnte.

Und zack! Drei Minuten später war soviel „Wind im Motor“, dass Gina (reimt sich auf Dina) Chmielinski nach einem Querpass von Kössler den Ausgleichstreffer erzielte.

Torjubelextase (Foto: sas)
Gina Chmielinki auf dem Weg zum Tor (Foto: sas)

Jetzt begann das Karli zu toben. Noch 17 Minuten! Und die Turbinen drehten nun frei. Koste es, was es wolle! Es regnete gelbe Karten, es kam zu einigen Spielunterbrechungen wegen der „notwendigen Rasenpflege“, beide Mannschaften wechselten eifrig ein und aus. Das Spiel nahm euphorische Fahrt auf und war von kämpferischer Wucht geprägt.

Nach einigen „nächsten Malen“ war die Zeit in der 85. Minute reif für Melissa Kössler. Direkt auf die Mitte des Tores zusteuernd, entschied sie sich gegen einen Abschluss und legte quer auf Cerci. Die hatte heute noch nicht getroffen. Als derzeitige Torschützenkönigin der Frauen Bundesliga und frisch gekürte Nationalspielerin galt ihr nun die Kössler-Einladung. Und was machte Cerci? Sie setzte den Ball an die Latte!

Liege-Quartett beim Führungstreffer von Kössler (Foto: sas)

Der Ball prallte ab und kehrte wie ein Bumerang auf Kössler zurück, die sich gegen zwei Gegenspielerinnen durchwühlte und den Führungstreffer erzielte. In diesem Moment lag das gesamte Team kreuz und quer übereinander im gegnerischen Torgehäuse. Was ging denn hier ab?! Das Karli bebte. Vor Freude – und vor Wut. Das lag im Auge des Betrachters.

Am Ende blieben vier Nachspielminuten, die überwiegend die Gäste angespart hatten. Sozusagen als Gastgeschenk. Potsdam nahm dieses dankend an. Zum einen, damit Luca Graf auch noch ein bisschen mitspielen durfte und zum anderen, dass Nina (reimt sich auf Dina und Gina) Ehegötz endlich zu ihrem ersten Saisontreffer kam. Nach einem wunderschönen Assist von Cerci zielte sie in die linke Ecke und erhöhte damit den Heimsieg auf ein 4:2. Und weinte danach erlösende Glückstränen.

Cerci umringt (Foto: sas)

Nach dem Abpfiff

Das war eine unglaubliche Aufholjagd von gut zwanzig Minuten. Vier Tore in 23 Minuten, also alle sechs Minuten ein Tor!

Sieg!!! (Foto: sas)

Die Fans sangen „Danke, Mädels, danke!“. Der Leverkusener Co-Trainer verneigte sie ehrfürchtig und lautlos mit einer kleinen Geste vor den Fans – Respekt;-)

Danke, Fans! (Foto: sas)

Vanessa Fischer wurde zum „Player of the match“ gekürt. Heute war es mal wieder ihr Tag gewesen. Nun geht es in die Länderspielpause, bevor die Fortsetzung mit dem DFB-Pokal-Viertelfinale am 2. März weitergeht.

Als kleine Ergänzung wird hier die Turbine-Lyrik zum Spiel eingefügt, die der Turbinefan Kai nach jedem Spiel unermüdlich in den sozialen Medien postet.

Text: Susanne Lepke

Fotos: Saskia Nafe

Turbine-Lyrik von Kai Jasper

Der Gast heut‘ aus dem Rheinland kam –
und eine Rechnung ward noch offen;
denn im Hinspiel wurde die Turbine
tief ins eigne Herz getroffen!

So sollt es heut‘ doch anders sein –
und das Ziel ward vorgegeben;
doch zum Schrecken aller Fans
durft‘ man ein Deja-Vu erleben!

Der Start, der war Turbinenfeuer –
Chancen, ja die gab es doch zuhauf;
und leichten Sinnes wurden sie vergeben
und so nahm das Spiel dann seinen Lauf!

Wer seine Chancen denn nicht nutzt –
der muss die Rechnung dafür tragen:
Zwei Treffer saßen, und sie saßen tief;
wer die Rechnung zahlt, der darf nicht klagen!

Die Werkself, dachte sich als Sieger –
Ihr Trainer, sah er die Turbine schon am Ende?
Doch deren Kampfgeist, der ward ungebrochen;
und so folgte spät die Wende:

Ode
Mit Dina fing der Reigen an,
von Gina kam der Ausgleich dann,
auch Mille schoss den Ball ins Tor
nach vielen Chancen da zuvor, 😉
den Schlussstrich unsre Nina setzt,
die in der Nachspielzeit einnetzt!

Die Werkself aus dem Rheinland kam –
und keine Rechnung ward mehr offen;
denn das Hinspiel wurde heut‘ gedreht,
der Gegner tief ins Herz getroffen!

Hoffnung lebt und wird erworben,
auf dem Platz und auch daneben –
was die Zukunft bringen mag,
wir werden es denn bald erleben…


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