Die Rasenklatsche von Frankfurt
Ach jaaa… hier folgt der Bericht von der „Galgenhumor“-Expedition der Turbinefans ins Brentanobad. 46 mal waren sich beide Mannschaften bisher begegnet, 20 mal hatte der 1.FFC aus Frankfurt gesiegt, 19 mal der 1.FFC aus Potsdam, 7 mal waren die Partien unentschieden ausgegangen. Nun könnte man an dieser Stelle statistisch und logisch denken, aber wie meint der Trainer Bernd Schröder immer wieder mal: „Fußball ist keine Naturwissenschaft.“
Während sich normale Menschen um 2.30 Uhr im Bett umdrehen, steigen die Hardcorefans von Turbine Potsdam in den Fanbus, um 7 Stunden zum 1.Spiel der Allianz-Bundesliga-Rückrunde anzureisen.
Vor Ort wurde die Erwartung auf das brisante Spiel ausgebremst, weil…
Nein, noch kommt für alle Dabeigewesenen nicht das Erwartete;-)
…weil die Frankfurter Sonne eine geschlagene Stunde länger auf das „Rasen-Sorbet“ scheinen musste, damit sich das Schiedsrichterteam für eine Bespielbarkeit des grüngefrorenen Exemplars erwärmen konnte. Erst kurz nach 12.00 Uhr wurde das Spiel angepfiffen, nachdem die beiden Stadionsprecher die Fans aus Berlin(!) begrüßt hatten und sich einen weiteren Versprecher leisteten: „Die heutige Begegnung wird begleitet vom Ball… äh…der Allianz.“
Die Zeitplanung war mit dem verzögerten Spielbeginn aus dem Takt gekommen, der Spielrhythmus der Potsdamerinnen mit der 5. Spielminute auch, als die Schiedsrichterin auf den Frankfurter Elfmeterpunkt zeigte. Allgemeine Verwunderung tat sich im Potsdamer Fanblock breit, weil niemand so richtig die Ursache dieser Geste erschließen konnte. Dem 1:0 folgte dann ein 2:0 und ein 3:0 – eine effektive und überzeugende Vorgehensweise der Frankfurterinnen nach nicht mal gespielten 30 Minuten. Irgendwie wollten diese mehr Dritter werden als wir bleiben.
Die Torbienen reagierten wie das Kaninchen vor der Schlange, agierten selten, reagierten unsicher, es gab weder einen Spielaufbau noch Spielfluss, kein ordnendes und anfeuerndes Mittelfeld, die Abwehr und auch die chinesische Hoffnung wackelte massiv. Die Mannschaft zog geschlossen an einem Strang – nach unten. Hinter der Potsdamer Auswechselbank wurden im Fanblock zunehmend die Trommelgesänge gegen ein kollektives Kopfschütteln und Sprachlosigkeit eingetauscht. Die Halbzeitpause ließ auf eine allseitige Atem- und Besinnungspause hoffen. Und auf ein 3:3.
Taktische Spielaufstellungstipps von vereinzelten Experten der TP-Fankurve wurden vom Trainerteam in der 2. Halbzeit fast 1:1 umgesetzt. Lisa Evans wurde euphorisch auf dem Rasen zurückbejubelt, Inka Wesely nahm die 0:3-Herausforderung ebenso an. Leider musste die eingewechselte Jenny Zietz nach kurzem Spielauftritt verletzungsbedingt wieder ausgewechselt werden.
Die Hoffnung, die gewöhnlicher Weise erst am Schluss stirbt, wurde durch einen unmittelbaren 4. Frankfurt-Treffer zu Beginn der 2.Halbzeit begraben. Als dann auch noch ein Elfmeter für TP, der eigentlich keiner war, weder mit dem Erstschuss noch im Nachschuss von der „Katze vom Brentanobad“ (so die spontane Bezeichnung für Desi Schumanns Leistung durch den Stadionsprecher) weggekrallt wurde, war der Ofen aus. Ab diesem Moment verwandelte sich das Fanverhalten in einen Schwall aus Ironie und Sarkasmus. Das einzige Rezept, die letzten 30 Minuten der Begegnung überstehen zu können, war der Galgenhumor, der sich in zahlreichen Sprüchen und Umdichtungen von Fangesängen äußerte. Diese würden hier eine A4-Seite füllen.
Und als dann nach Inka Weselys Ehrentreffer in der 87. Minute der vertraute Torjubel-Fangesang reanimiert wurde, wurde dieser durch das abschließende 5:1 jäh ins Koma zurückbeordert.
So lässt sich am Ende nur feststellen, dass der Rasen doch unbespielbar war. Jedenfalls von den Torbienen.
Aber wahre Fans stehen hinter ihrer Mannschaft, was der spontane Fangesang „Wir haben euch trotzdem lieb, schalalala…“ bezeugte und hoffentlich die Spielerherzen der Mädels erwärmte.
Bleibt noch dankenswerter Weise zu ergänzen, dass der gastgebende Verein die Eintrittskarten mit 23% Rabatt entcommerzialisierte und es nach dem Spielende den einen oder anderen netten Smalltalk mit Frankfurter Fans gab, die den Weitgereisten eine gute Heimreise wünschten. Auch „Simon“ (Simone Laudehr), die trotz einer starken Erkältung auf dem Platz gestanden hatte, eröffnete von selbst ein Gespräch mit den Potsdamer Fans und wurde daraufhin mit Honig-Salbei-Bonbons für den kranken Hals umsorgt.
Die gute Heimreise wurde kurz vorm heimischen Ziel am nur von einer „Bitte folgen“-Anzeige eines Polizei-Streifenwagens geschmälert, was den Bus zu einer Ehrenrunde kurz vor der Abfahrt Michendorf zwang – mehr aber auch nicht.
Fazit:
Zu Beginn der Saison hat Turbine Potsdam mit einer euphorischen Spielweise und Sieg gegen Frankfurt überzeugt und danach stark nachgelassen. Zu Beginn des neuen Jahres gab es nun einen desolaten Fehlstart, aber wenn man jetzt statistisch und logisch denkt, dann…
Fußball ist keine Naturwissenschaft – Punkt.
PS: Unserem Fanbuskoordinator Hartmut die besten Genesungswünsche und seinem Vertreter Gunter herzlichen Dank für die organisatorische Vertretung. Hartmut – du bist schuld;-)
Susanne Lepke