Ein Satz mit x
Lesedauer 7 MinutenSpielbericht zur Bundesliga-Begegnung TSG Hoffenheim gegen 1. FFC Turbine Potsdam am 01.12.2019
Eine der weitesten Auswärtsfahrten stand am 1. Adventssonntag an. Der Fanbus war mit lauter treuen Turbinefans gefüllt, die auf gar keinen Fall ein Lichtlein anzünden oder Plätzchen backen wollten. Denn noch wichtiger war ihnen, die Torbienen auswärts zu begleiten und anzufeuern. Mit insgesamt 1.200 km war den Fans kein Weg zu weit.
Für eine nette Adventsstimmung sorgte ein mitreisender Turbinefan, der einen steinernen und bekritzelten Raststättentisch mit einer Weihnachtsdecke bekleidete und Weihnachtsstollen und Kaffee für alle anbot.
Die Stadionluft vor Ort
Um 4.30 Uhr war der Fanbus ab Potsdam gestartet, um nach einigen Geburtstagsrunden und kleinen Staus pünktlich in „Hoffe“ einzufahren. Der Empfang vor Ort war wie immer familiär und freundlich – und die Ordner hochgradig entspannt. Zum Sonderpreis von 6€ durften die Turbinefans ins Stadion eintreten und wurden von gebackenen Waffeldüften empfangen. Einige U20-Spielerinnen von Hoffenheim engagierten sich klimatechnisch und buken Waffeln für die Aufforstung des „abgeholzten Regenwaldes“ im Kraichgau.
Auch der traditionelle Eiswagen parkte wieder am Stadioneingang, wurde jedoch aufgrund der gefühlten Minusgrade kaum besucht. Lobenswert war dagegen das vielseitige Grillwurst-Angebot und – der Glühwein! Letzterer hatte nichts mit dem klebrig-süßem Gebräu des Potsdamer Weihnachtsmarktes zu tun, sondern schmeckte aromatisch und etwas herber – und roch nach regionalem Weinanbaugebiet.
Nach dem technisch stockenden Abspielen der Kraichgauer Hymne und dem üblichen XXL-Fahnengeschwinge der „Blue Angels“ (Fanclub von Hoffenheim) ertönte der Anpfiff. Beide Mannschaften stürzten sich in eine muntere Partie, der ca. 450 Zuschauer beiwohnten.
Die Zuschauerzahlen gaben an diesem Wochenende insgesamt zu denken. Dass nur 500 Zuschauer im Bayern Campus zusammenkommen ist nichts Neues, aber auch bei den restlichen Bundesligaspielen lag die Zuschauerzahl nur zwischen 300 und 500 Zuschauern. Das ist sicherlich den eiskalten Temperaturen geschuldet – aber nicht nur – und sollte ligaweit zu denken geben!
Ein Loblied
Die TSG Hoffenheim spielt in dieser Saison fulminant auf und hat sich zu Recht auf dem zweiten Tabellenplatz eingerichtet. Es sei diesem Verein gegönnt, der seit Jahren mit seinem dauerhaften Trainer Ehrmann eine unaufgeregte Frauenfußballarbeit leistet. Das Stadionklima ist jedes Mal sehr gastfreundlich und die Nähe von Fans und Verein wird von beiden Seiten gepflegt. Hier fühlt man sich wohl, hier steht der Sport im Vordergrund.
Hoffnungsvoller Start in „Hoffe“
Potsdam wollte sich laut Medienvorberichten selbstbewusst geben und einen Auswärtssieg erspielen. Dieses Ansinnen wurde in der 12. Minute tatsächlich bekräftigt, als Lara Prašnikar „unverhofft in Hoffe“ einnetzte. Wow! Potsdam bestimmte ortsunkundig in der Fremde die Wegrichtung, was die mitgereisten Turbinefans zu euphorischem Jubel veranlasste. Und zwar fet-te-zwei-Mi-nu-ten lang!
Gnadenloser Spielverlauf
Dann war der Spaß vorbei, denn „Hoffe“ enttäuschte keine Hoffnung, sondern glich hoffnungsvoll dank des neuen Superstars Billa aus. Okay, kann passieren – einfach weitermachen! Die Turbinefans waren die gröllbestimmende „Mannschaft“ im Stadion und feuerten ihr Team weiterhin an.
Leider ist dieses leidvolle „Ecke-Ecke-Ecke-Tor-Tor-Tor!“- Gerufe nun auch in Hoffenheim angekommen. Vor gefühlten zehn Jahren markierte dieser typische Anfeuerungsruf bei einem Eckball ausschließlich die Frankfurter FF-Szene, nun hat sich der Virus arg in anderen Stadion ausgebreitet. Aber das Karli wird die letzte virenfreie Bastion bleiben;-)
Das Spiel wurde zerfahrener, Potsdam agierte kaum noch, sondern reagierte. Die Abwehr wackelte, das Mittelfeld glich einem Schweizer Käse mit einem einzigen großen Loch, da konnte sich Sarah Zadrazil noch so mühen. Hoffenheim stand gut, spielte forsch und mit gestiegenem Selbstbewusstsein und gewann einen Zweikampf nach dem nächsten. Das Umkehrspiel gelang den TSG-Damen brillant, insbesondere über den rechten Flügel. Dieses geradlinige Passspiel nach vorn erinnerte an glorreiche Frankfurter Zeiten, als mit Prinz und Garefreekes der Ball aalglatt über vier-fünf Stationenzum Torgehäuse delegiert wurde.
So, der Rest ist schnell erzählt: Billa ist und bleibt toll. Sie sorgte für das 2:1 und 3:1. Und sie hat eine Freundin, die Hartig heißt. Und diese kann den Ball für ein 4:1 und 5:1 nutzen.
Ein Satz mit x? Das war wohl nix.
Eine Klatsche für Potsdam – und deren mitgereiste Fans! Den feinen Unterschied zwischen 1. und 2. Halbzeit, also nach der obligatorischen Kabinenansage, konnte man selbst mithilfe einer Lupe nicht entdecken. Enttäuschung über die Leistung der Torbienen regierte die Gemüter. Vermisst wurde ein Spielkonzept. Nur selten sorgten die Torbinen für ein „Gefähr-chen“. Einfach zu viele Fehler. Nicht hübsch anzusehen.
Glückwunsch an die TSG Hoffenheim zur Vize-Herbstmeisterschaft! Haltet durch und spielt eine ebenso glänzende Rückrunde! Der Potsdamer Respekt gilt dieser Mannschaft mitsamt seinem Trainerteam und Fans, die tatsächlich Wob und Bayern Paroli bieten könnten.
Am kommenden Sonnabend empfängt Turbine zum letzten Mal den 1. FFC Frankfurt (vor der Fusion). Drei Punkte trennen beide Mannschaften voneinander. Möge dieser Abstand auf Null schmelzen.
Text: Susanne Lepke (sule)
Fotos: Saskia Nafe (sas) – vielen Dank!