HABEN WIR NOCH HOFFNUNG?
Lesedauer 6 MinutenDer Spielbericht über das Auswärtsspiel des 1. FFC Turbine Potsdam bei der SGS Essen und die damit verbundene 150. FanBus- Fahrt tritt heute mal in den Hintergrund.
Man möchte sich so Vieles von der Seele schreiben, da einem seit Juni diesen Jahres so Alles einfach überrollt.
Die Saison 2021/2022 war ja von den Zahlen und von den Erfolgen gar nicht mal so schlecht, aber was uns als Fans dann danach zugemutet wurde, war einfach nur erschreckend. Die Namensliste der Spielerinnen, die den Verein meines Erachtens unter fadenscheinigen Begründungen verlassen wollten, nahm einfach kein Ende.
Dann wurde auch noch der Trainer wegen fehlender Kommunikation entlassen. Rolf Kutzmutz´s darauf folgender Rücktritt vom Amt des Präsidenten konnte ich nachvollziehen. Nichts ist schlimmer, als fehlender Rückhalt bei den übrigen Vorstandsmitgliedern zu seiner Entscheidung.
In der Sommerpause agiert vorstandsmäßig nun der erste Vize-Präsident, Uwe Reher, in der Trainerfrage findet man recht schnell den Sebastian Middeke, der sehr kommunikativ rüberkommt. Spielerinnen werden eingekauft, ob da ein richtiges System hintersteckt, ist mir nicht erkennbar. Aber ich bin ja auch nur Fan.
Im Trainingslager wird die Anzahl der Spielerinnen, die zum Training erscheinen, scheinbar täglich kleiner, Verletzungssorgen schon vor der neuen Saison? Bei den folgenden Testspielen in der Region, stehen die Spielerinnen mal auf der Position, beim nächsten Mal wieder woanders. Wieder so ein System mit viel Rotation (aus welchem Grund auch immer), das sich uns Fans auch nicht erschließt. Aber es ist ja immer noch Saisonvorbereitung.
… und es kommen immer noch neue Spielerinnen, die letzten Beiden, Sonia und Louisa kurz vor dem DFB-Pokalspiel gegen die Viktoria Berlin. Und Sonia steht dann sogar ohne großes Training in der Startelf, sehr mit ihren Haaren und ihrer Sporthose beschäftigt. Wie hat der Trainer seine Mannschaft eigentlich auf das Spiel eingestimmt, welche Strategie verfolgte er mit dieser Aufstellung. Wir Fans waren entsetzt über dieses Spiel, es war eigentlich eine Bankrotterklärung. Das Resümee des Trainers über das Spiel seiner Mannschaft war freundlich lächelnd „gar nicht so schlecht“.
Sehr viel Kommunikation und ein Schönreden aller Missstände kann doch nicht die Philosophie von Turbine Potsdam sein?
Die Saison beginnt, aus dem Spiel gegen den SV Werder Bremen bringen die Mädchen einen Punkt mit. Da waren wir noch nicht ganz unten. Dann folgt gleich das Spiel gegen den MSV Duisburg, gerade aufgestiegen: eine 0:3- Klatsche, aber wieder wird alles schöngeredet.
Obwohl im Auswärtsspiel gegen den 1. FC Köln die erste Halbzeit recht gut aussieht, läuft dann nach der roten Karte für Vanessa Fischer verständlicherweise nicht viel mehr. Aber ein Lichtblick: Jil Frehse hält gleich nach ihrem Reinkommen einen Elfmeter.
Am folgenden Spieltag kommt der VfL Wolfsburg nach Potsdam. Die einzige Torfrau – ist Jil, und sie macht das Spiel ihres Lebens. Sie kann durch ihre Paraden verhindern, dass Turbine krachend untergeht, und die Mannschaft zeigt Kampfesgeist. Die 0:2- Niederlage fühlt sich wie ein Sieg an, und die Hoffnung auf einen Mittelplatz in der Tabelle wächst wieder.
Beim anschließenden kleinen Fanfest agiert Uwe Reher als einziger Organisator sehr lustlos, am nächsten Tag verkündet er seinen Rücktritt vom Vize-Präsidenten-Posten. Diesmal erfolgt keine Erklärung. Ich persönlich habe ihn seither nicht mehr im Karli gesehen, dafür waren aber die übrigen Vorstandsmitglieder anwesend, da bei den Heimspielen immer Aktionen in Zusammenarbeit mit dem Fanclub zu organisieren sind. Nur war deren Anwesenheit auf ein Spiel begrenzt, da auch sie das Handtuch schmissen. Zum Spiel gegen den SC Freiburg war nur noch Ulrike Häfner, die amtierende Vize-Präsidentin dabei.
Das Spiel gegen den SC Freiburg war dann der Höhepunkt; wir Fans waren entsetzt ob der Hilflosigkeit der Turbinen. Es gab Turbinefans, die Freiburgs Tore bejubelten, da hier Kampfeswille zu sehen war. Wir Turbinefans sind ja hart im Nehmen, aber wir konnten dieses
Jammertal nicht mehr ertragen. Der Spruch : Ohne Trainer habt ihr eine Chance kam spontan, da auch unsere Geduld an den Zuständen bei Turbine eine Grenze erreicht hatte.
Während der ersten Halbzeit riefen wir ja noch: „Wir sind Fans, wir haben Ziele, wir sind gegen Montagsspiele“. Dies erschien uns in der zweiten Halbzeit widersinnig, in der 2. Bundesliga gibt es keine Montagsspiele.
Am Abend dieses Tages kam dann die Nachricht, daß sich der 1. FFC Turbine Potsdam vom Trainer Sebastian Middeke getrennt hat. …ohne Begründung, trotz übergroßer Kommunikation (das ist aber meine Ironie der Sache)
Nun mal sortieren, was haben wir denn jetzt überhaupt für einen Sachstand:
– im Vorstand sind noch Ulrike Häfner -Vizepräsidentin und
Susanne Lepke – erweiterter Vorstand
– am 11.11.2022 wird ein neuer Präsident gewählt, ein Bewerber- Dr. Karsten Ritter-Lang
– am 08.12.2022 wird ein Vizepräsident/in und ein erweiterter Vorstand (für Rick van
Riemsdijk) gewählt
– wann werden die Posten Schatzmeister und noch ein erweiterter Vorstand für Gordon
Engelmann gewählt?
-all das hört sich doch nach Flickschusterei an
– jetzt zum sportlichen Teil: Interimscoach ist erst einmal Dirk Heinrichs-für wie lange?
Von der Athletiktrainerin trennte sich der Verein vor einiger Zeit -die Verletzungsrate bei den
Spielerinnen ist erschreckend hoch.
Ich glaube, die Liste der spielfähigen Turbinen ist kürzer, als die Verletztenliste.
– Wie geht es denn überhaupt den Spielerinnen, wie verkraften sie die Zustände im sportlichen
Bereich? Wie lange dauert es, bis wieder Normalität und Zuversicht im Team herrschen?
Die Turbinen müssen ja weiter machen, es bleibt ihnen ja auch gar keine Zeit, sich mental zu erholen.
Also nach vorn schauen; Auswärtsspiel in Essen. Die SGS Essen steht auf Platz 10 der Tabelle, ist genau wie Turbine an Punkten orientiert.
Für die Turbinefans stand die einige Male verlegte 150. Fanbus-Fahrt an. 150 Fahrten in 15 Jahren zeugt doch von einer stolzen Fankultur.
In dem großen Stadion an der Hafenstr. waren diesmal nur drei Trommlerinnen dabei, schwierig dort akustisch zu agieren.
Die Mannschaftsaufstellung der Turbinen wurde so schnell durchgesagt, dass keine Möglichkeit bestand, die Namen mitzurufen.
An die Essener Fans erging auch der Aufruf, die Namen der Spielerinnen zu rufen, die Resonanz war mäßig,, eben ungewohnt für die Fans.
Gespannt waren wir ja, wie der Interims-Coach die Mannschaft, die sehr stark dezimiert war, aufstellen wird. Drei Spielerinnen, Amy König, Alisa Grincenco und Pauline Deutsch weilen derzeit bei der U19- EM- Qualifikation in Israel (alle drei waren heute im Spiel gegen Israel im Einsatz, Deutschland gewann 5:0), Laura Lindner aus der II. Mannschaft war auf der Reservebank.
Die erste Halbzeit zeigte zwar, dass einige Positionen anders besetzt war, Sophie ist ins Mittelfeld gerückt, in der Abwehr stand das erste Mal Louisa in der Startelf. Sie war aber in der Außenverteidigung sehr unsicher und wurde dann in der Halbzeitpause auch ausgewechselt.
Ich sagte auch, dass das, was in den vergangenen 3-4 Monaten nicht klappte, kann nun nicht innerhalb einer Woche hinhauen. Aber wir sahen, dass sie kämpften, dass sie sogar einen Torschuss mehr in ihrer Statistik zu verzeichnen hatten. Und sie hatten etliche Torchancen, die aber durch Ambers Abseitsstellungen alle immer nicht fruchteten.
Wir Fans dürfen aber nicht die Hoffnung aufgeben, dass die Turbinen nicht doch noch die Kurve kriegen.
Viele haben ja mitbekommen, dass ab der nächsten Saison vom DFB Montagsspiele anstehen. Unsere Aktion „NEIN ZU MONTAGSSPIELEN“ durfte beim Essen-Spiel nicht gezeigt werden, da wir Fans dafür keine Genehmigung von der SGS Essen erhielten.
Die Rückfahrt war doch sehr ruhig, kein Sieg, keine 3 Punkte, um aus dem Keller herauszukommen. und dann noch die Nachricht, dass die 150. Fanbus-Fahrt wahrscheinlich die letzte Fahrt in diesem Jahr gewesen ist. Die zwei Auswärtsspiele in Leverkusen und Frankfurt (Freitag-Abend 19.15 Uhr) werden ohne große Fan-Unterstützung ablaufen. Selbst nach Leverkusen ist es für den Einzelnen mit 80,- € einfach zu teuer. Es fehlen Mitfahrer, damit der Preis erschwinglich ist.
Wir werden aber trotzdem versuchen, die Fahrt nach Leverkusen zu finanzieren.
Bei allem, was es für Turbine und für die Fans an Schwierigkeiten zu bewältigen gibt, heißt es doch immer- Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Das nächste Heimspiel ist ein DFB-Pokal-Spiel gegen den 1. FC Köln am 20. November 2022 um 13.00 Uhr.
Text: Beatrice Martens
Fotos: Lisa Rux (lirux)