Heimspiel in Dortmund abgeholt
Lesedauer 5 MinutenDFB-Pokal-Auslosung des Viertelfinales
Endlich war es auch aus frauenfußballerischer Sicht soweit: Die DFB-Pokal-Auslosung der Viertelfinal-Begegnungen wurde am vergangenen Sonntag im Dortmunder Fußballmuseum durchgeführt und live in der „ARD-Sportschau“ übertragen. Das männliche Fußballgeschöpf hatte in der Woche zuvor die letzten DFB-Pokalspiele absolviert, während das weiblich geprägte DFB-Pokal-Achtelfinale mittlerweile fast drei Monate zurücklag. Das riecht nach Optimierungsbedarf in der DFB-Terminplanung! Am 16. November 2019 hatte Wolfsburg die bayerischen Madels aus dem Wettbewerb verabschiedet, und Turbine Potsdam hatte sich auswärts gegen den SC Freiburg mit einem 2:3 fürs Viertelfinale qualifiziert.
Da sich der DFB für das gemeinsame, öffentlich-rechtliche Medieninteresse des Frauen- und Männerfußballs stark machen möchte, wurden am 9. Februar die Vertreter_innen der jeweils acht verbliebenen Vereine weiblicher und männlicher Art, die sich fürs Viertelfinale qualifiziert hatten, nach Dortmund zur inszenierten DFB-Pokal-Auslosung eingeladen.
Im DFB-Pokal-Viertelfinale der Frauen stehen: 1899 Hoffenheim, Bayer 04 Leverkusen, SC Sand (vom Veranstaltungsmanager vor Ort wiederholt als FC Sand bezeichnet…), VfL Wolfsburg, DSC Arminia Bielefeld, FSV Gütersloh, SGS Essen und 1. FFC Turbine Potsdam.
Für den Lieblingsverein, den 1. FFC Turbine Potsdam, saßen fünf Turbinefans im Publikum, die mit einer Ausnahme dem Fanclub-Vorstand „Turbinefans e.V.“ angehörten. Sie wurden persönlich vom Geschäftsführer Stephan Schmidt im TP-Kleinbus nach Dortmund chauffiert. Diese Einladung galt als Dankeschön für die engagierte und unterstützende Arbeit des Fanclubs. Begleitet wurde der Kleinbus von „Sabine“, dem angekündigten Orkan, der durch ganz Deutschland fegen sollte.
Von den anderen weiblichen Viertelfinalistinnen war nur der FSV Gütersloh zahlenmäßig stark vertreten. Der Trainer, einige Spielerinnen und weitere Begleiter_innen nahmen nach dem Pech-Los, gegen die Wölfinnen antreten zu müssen, die ermutigenden Worte der Turbinefans dankbar und lachend entgegen.
Vertreter_innen der anderen Frauenfußballvereine bzw. -abteilungen waren kaum oder gar nicht zu identifizieren. Somit musste z.B. das Vereinsschild des VfL Wolfsburg von einer fremden toleranten Person hochgehalten werden.
27 Sekunden für den Frauenfußball aus Potsdam – dafür 850 Autoahn-Kilometer investiert
(Ausschnitt aus der ARD-Sportschau vom 09.02.2020)
Der Ex-Nationalspieler Cacau übernahm den Job der Losfee. Die Bezeichnung „Losfee“ ist übrigens ausschließlich weiblich geprägt, das männliche Pendant „Losfeenrich“ gibt es nicht. Aber das nur am Rande;-)
Die Turbinefans, die erstmalig bei dieser Veranstaltung beiwohnen durften, gaben alles. Und so gelang nach fünf harten Warte-Jahren das unfassbare Losglück: Turbine Potsdam hatte endlich ein Heimspielrecht im DFB-Pokal-Wettbewerb. Da war die Freude auf dem obersten Publikumsrang groß (denn dort im gefühlten Abseits war die Potsdamer Gefolge (de-)platziert worden). Die Auslosung des Gegners, der SGS Essen, nahm man sportlich auf. Die Generalprobe des DFB-Pokalfinales wird Ende Februar stattfinden, wenn der 1. FFC Turbine Potsdam die rot-weiße Mannschaft aus dem Ruhrpott zum Punktspiel empfangen wird.
Nach fünf Minuten war der weiblich Auslosungsspuk vorbei und die grüne Tafel mit den Loskugeln verschwand im Nirgendwo. Die restlichen 25 Minuten der Sendezeit erhielten die männlichen Fußballvereine. Ein diskriminierender Fakt.
(Foto: ARD-Sportschau vo 09.02.20)
Noch irritierender wirkte die Radioberichterstattung auf der stürmischen Rückreise. Obwohl das wohlmeinende DFB-Ansinnen erfolgreich in die Realität umgesetzt worden war, nämlich den Frauen- und Männerfußball gemeinsam medial in der „Sportschau“ zu präsentieren, reduzierte sich die anschließende Berichterstattung über die DFB-Pokal-Auslosung auf das Männliche. Die weibliche Nachricht der Viertelfinal-Paarungen, die vorher Millionen Menschen in der „Sportschau“ gesehen hatten, wurde in der medialen Nachbereitung einfach wegreduziert. Das, was die Turbinefans gerade live beobachtet hatten, war in den Radionachrichten einfach verschwunden! Ein unglaublicher Fakt der Diskriminierung!
Im Dortmunder Fußballmuseum, das man und frau vor der Auslosung besuchen konnte, prangte ein Zitat von Hannelore Ratzeburg: „Im Frauenfußball ist Schritt für Schritt etwas Großartiges entstanden.“
Ah ja…
Es gibt noch viel zu tun.
Als sich die Potsdamer Abgesandten auf den weiten Autobahn-Rückweg begaben, fuhren sie an dem menschenüberfluteten Dortmunder Hauptbahnhof vorbei. Die Deutsche Bahn hatte soeben den Nah- und Fernverkehr aus Respekt vor „Sabine“ eingestellt. Aber der Turbine-Kleinbus zeigte ein tapferes Abwehrverhalten. Die eine oder andere Böe attackierte die nach Hause stürmenden Turbinefans. Doch weder der am Steuer sitzende Geschäftsführer noch die Fans des reinen Frauenfußballvereins kamen ins Wanken und Schleudern. Alle kamen trotz der widrigen Umstände wieder wohlbehalten zu Hause an.
Dankeschön!
Der Vorstand des Fanclubs bedankt sich herzlich für diese besondere Einladung eines Sonntagsausfluges nach Dortmund. Hinter die Kulissen einer Fernsehsendung schauen zu dürfen und dabei einen Hauch der DFB-Welt studieren zu dürfen, war ein Erlebnis wert.
Text: Susanne Lepke
Foto: Beatrice Martens (bema), Bernd Gewohn (bege), Stefan Blumenthal, Susanne Lepke (sule), ARD-Sportschau vom 09.02.2020