Nach Essen pappesatt

Spielbericht zur
AFBL-Begegnung 1. FFC Turbine Potsdam gegen die SGS Essen am 23.02.2019

Blau- weiße Hoffnung vor dem Anpfiff

Zweieinhalb Monate hatte der Ball im „Karli“ geruht – an
einem Sonnabend hieß es nun Heimspielstart in die Rückrunde der
Frauenbundesliga.

Die Sonne schien und der Himmel zeigte sich im traditionellen
Turbine-Look. Jedoch trügte der (Sonnen)Schein, denn das Thermometer wies nur
wenige Grad über Null auf. 1231 Zuschauer_innen wohnten, warm angezogen und
braune oder rote Heißgetränke zu sich nehmend, der Partie bei.

Abklatschen

Mit neuer Hoffnung bestückt, hoffte man nun auf ein
sehenswerteres Spiel als das gegen den 1. FFC Frankfurt am vergangenen Sonntag,
als die Torbienen die 3:1-Führung leichtfertig aus der Hand gaben.

Während der Woche hatte es emotionale Nachrichten gegeben: Das
Kapitäninnen-Duo Svenja Huth und Feli Rauch (Stellvertreterin) hatten ihre
Verträge bei Turbine Potsdam nicht verlängert. Erfreulich dagegen die Entscheidung
von Jojo Elsig, als Nationalspielerin weiterhin dem Potsdamer Verein erhalten bleiben
zu wollen.

Wie klingen die Fans nach der gründ-weißen Ciao-Botschaft?

Auf der Stehtribüne hinterm Schmitz-Tor hatte sich ein „mächtiges
Häuflein“ Essener Fans versammelt, 7 Menschen an der Zahl – eine Glückszahl…
Gut zu hören, eine XXL-Fahne schwenkend, die Trommel mit zwei Schlegeln rührend.

Den Zuschauer_innen wurden im Stadion zwei neue Aktionen angeboten:
zum einen ein Tippspiel, an dem man kurz hinterm Stadioneingang kostenlos teilnehmen
konnte – und ein Zielschießen-Fan-Duell in der Halbzeitpause.

Das Spiel leitete die 29-jährige Schiedsrichterin Angelika
Söder, die im Gegensatz zu den „Frankfurter Regeln“ stehende Grüppchenbildungen
in der Coachingszone oder gar das Umherwandern eines Trainers auf dem
Fußballplatz tolerierte.

Schiedsrichterin Angelika Söder in Aktion

Insgesamt zeigte sie einmal die gelbe Karte – gegen Svenja Huth. Die an einem Finger abzählbare Strafkarten-Anzahl lässt vermuten, dass es sich um ein blütenreinweißes Spiel gehandelt haben muss. Welch Trugschluss! Die Schiedsrichterleistung war dermaßen desolat, dass man (und frau) sich ernsthaft fragt, inwiefern die Analyse von Schiedsrichterleistungen beim DFB, Abteilung Frauenfußball, überhaupt thematisiert wird. Warum scheint es unwichtig zu sein, dass es eine Qualitätsgarantie und Verlässlichkeit gibt? Es ist frustrierend – nicht zum ersten Mal! Und alles andere als eine Werbung für den Frauenfußball.

Fouls wurden nicht gesehen – oder gesehen und nicht
gepfiffen – Abseits war dagegen sehr häufig zu „bestaunen“ – das „Handspiel“
galt als Fremdwort – und das Siegtor für Potsdam in der 94. Minute wurde
aufgrund eines angeblichen Stürmerfouls nicht gegeben. Die Kenntnis über das Stürmerfoul
konnte übrigens dank einer Recherche im Nachgang des Spiels mit Hilfe des
Internets gewonnen werden. Während der Spielsituation schauten sich die Fans im
Fanblock D allesamt ratlos an, weil kein „Experte“ zur Verfügung stand, der
einem die Logik des Schiri-Pfiffs erklären konnte.

Und Svenja Huth erhielt das seltene Gelb nicht wegen eines
Fouls – sondern wegen Meckerns. Verständlich.

Nun zum Spiel: Es gab zwei unterschiedliche Halbzeiten, eine
sehenswerte und eine „Lieber-nicht-Hingucken-Halbzeit“. Diesmal war die zweite
Halbzeit die bessere aus Turbine-Sicht. Konstante Spielweisen sind derzeit in
Potsdam überbewertet…

Zur Freude der 7 Menschen hinterm Tor, das Lisa Schmitz hütete, klingelte es relativ zeitig gleich zweimal hintereinander. Bereits in der 4. Minute gelang der Essener Spielerin Dancia Wu ein hübscher Führungstreffer, der von Lea Schüller in der 12. Minute dick und fett unterstrichen wurde. 0:2-Stand nach 12 Minuten im „Karli“ – welch Schock, der eine Stimmstarre unter den Turbinefans auslöste° Beim Anblick des unsicher und ungeordnet agierenden Torbienen verging einem die Lust am Zuschauen. Die Torbienen kamen kaum aus über die Mittellinie hinaus, das Mitzählen von Fehlpässen intensivierte nur den Frust. Essen war taktisch klug eingestellt und zeigte ein wirkungsvolles Vor-Checking. Und dass man nicht auf den Ball wartet, sondern zu ihm hinläuft, schien eine vergessene Weisheit zu sein.

Turbinestar am Boden
Auf allen Vieren krauchend

War das grässlich anzuschauen! Erst das sieg-vergeigte Spiel
in Frankfurt – und jetzt das hier – zu Hause! Als ein Fan in Richtung Spielfeld
brüllte: „Verdammt, wir sind euretwegen hier!“, war alles gesagt.

Tröstlich
waren am Ende der ersten Halbzeit zwei Momente:

Potsdam hatte
Glück, dass ein Torschuss von Lea Schüller nur an den Pfosten ging.

Und Potsdam hatte Glück, dass es Tory Schwalm gelang, in der
41. Minute zum Anschlusstreffer einzunetzen.

In der Halbzeitpause gab es die Premiere, das Mittelfahnen-Zielschießen-Duell
zwischen zwei Turbinefans namens Manu und Chris als Unterhaltungsangebot. Chris
gewann, aber auch der/die Zweiplatzierte ging und wird niemals leer ausgehen.
Ein signiertes Trikot von Wibke Meister wurden neben einem Turbine-Jahreskalender
und in Aussicht gestellten Ball als Preise überreicht.

Der „Allianz“-Sponsor überreicht die Preise an die Gewinner_innen Manu und Chris

Auf zur zweiten Halbzeit! Potsdam kehrte überpünktlich aus
der Kabine zurück und stand kurzzeitig verloren auf dem Platz bereitet. Die
Haltung stimmte schon mal… Und es musste eine Ansage gegeben haben, denn die
Torbienen spielten nun forscher und durchdachter. Bereits in der 46. Minute hatte
ein Doppelwechsel stattgefunden: Bianca Schmidt kam für Rahel Kiwic und die
endlich genesene Amanda Ilestedt für Rieke Dieckmann. Über die Spielweise der
beiden konnte man sich freuen. Endlich kam mehr Dampf in die Partie!

Schmidti und Amanda

Nun war Potsdam die spielbestimmende Mannschaft und
erarbeitete sich eine Torchance nach der anderen. Svenja Huth traf die Querlatte,
Feli Rauchs direkter Eckstoß wurde gerade noch mit der Faust von der Essener
Torhüterin Sindermann abgewehrt. Ebenso auch ein strammer Schuss von Tory
Schwalm. In der 72. Minute wurden die Torbienen dann für ihre Mühen belohnt:
Lara Prašnikar
stand goldrichtig und schob zum Ausgleichstreffer ein.

Lara Prasnikar nach Torabschluss
Bisschen was zu feiern

Den Rückstand von zwei Toren hatte die Lieblingsmannschaft
nun aufgeholt. Respekt! Vermutlich liegt den Torbienen solch ein Negativgefühl mehr
als eine glorreiche Führung ins Ziel zu tragen.

Brüllend für den Verein

Traurig für Essen – und etwas Seelenfrieden stiftend für die
Potsdamerinnen und deren anfeuernden Umfeld.

Von Jojos Kopf gepflückt

Die letzten fünf Minuten wurden dann inclusive der fast
5-minütigen Nachspielzeit (angezeigt waren 4 Minuten…) richtig spannend, denn
beide Mannschaften wollten das Siegtor erzielen. Da Turid Knaak mit der 1000%-igen
Chance nichts anzufangen wusste, schon gar nicht in einer 93. Minute…,
versuchte es Potsdam in der 94. Minute erfolgreicher. Aber dieses 3:2 sollte
nicht zählen, da man kurzzeitig vergessen hatte, mit der Schiedsrichterin zu
rechnen… Das war Werbung für den Frauenfußball (Ironie aus.)

„Player oft he match“ wurde die Essenerin Spielerin Lea
Schüller, die anschließend ein kurzes Interview über das Stadionmikrofon gab – eine
beidseitig wertschätzende Geste.

Player of the match (mit Sponsor (li) und Vereinspräsidenten Rolf Kutzmutz (re) )

Insgesamt vier zuschauende Menschen hatten den Ausgang der
Partie vorausgeahnt und den richtigen Tipp von 2:2 auf der Tippkarte notiert. Als
Gewinner ausgelost wurde am Ende Familie Schinkel – ein treues TP-Pärchen wurde
somit vom Glück genkutscht.

Mehr gibt es nicht zu sagen.

Text: Susanne Lepke

Fotos: Saskia Nafe (sas)