Three points under the Rainbow

Spielbericht zum BL-Spiel Turbine Potsdam gegen den SC Sand am 2.Oktober 2016 – von Susi –

 

Das verlängerte Wochenende nutzten 2083 Menschen aus Potsdam und (weiter) Umgebung, um – angestrahlt von der güldenen Oktobersonne – das „Karli“ aufzusuchen. Der magische Saison-Einstieg mit jeweils drei Punkten und je drei Toren in drei Spielen hatte etwas Magnetisches, denn der gegenwärtige Erfolg scheint auch wieder mehr FF-interessierte Zuschauer nach Potsdam-Babelsberg zu ziehen.

Der Vorstand von Turbine Potsdam betreute vor dem Stadion persönlich einen Mitglieder-Werbe-Stand, das Stadionheft ging weg wie warme Semmeln und der Fanshop lockte mit einer neuen Fan-Kollektion und hatte es zur Freude mancher Fans sogar geschafft, den neuen Katalog per Post an die persönliche Anschrift zuzusenden. Herzlichen Dank!

Bei bestem Fußballwetter wurde die Mannschaft aus Sand, einem kleinen Ort in Baden-Württemberg, der so weit entfernt liegt, dass es dorthin nie ein Potsdamer Fanbus schafft, empfangen. Der SC Sand hatte in der letzten Saison ein Ausrufezeichen hinterlassen, in der Bundesliga wie auch beim DFB-Pokalfinale im Mai 2016, als sich die Wölfinnen fast die Zähne an der absolut teamreifen Leistung der Sanderinnen ausbissen. Und auch in Sand hatte es einen Trainerwechsel gegeben: Der bisherige Trainer Alexander Fischinger übergab aus persönlichen Gründen das Traineramt an ein altbekanntes Gesicht der Frauenfußball-Bundesliga, Colin Bell. Dieser schritt wild gestikulierend und schreiend die „Couching-Zone“ auf und ab, diesen wilden Eindruck hatte man aus den vorhergehenden Frankfurter Zeiten von ihm nicht gehabt.

Nach drei Spieltagen war der SC Sand noch ohne Gegentor – ein weiteres Achtungszeichen. Und so zeigte sich auch der Spielbeginn. Kampfbetonte Zweikämpfe, kaum Zeit zum Denken und Atmen für die Turbinen, der Sand fühlte sich wie Lehm an… – die Gäste wollten hier im „Karli“ etwas erreichen, das war zu spüren.

In der 13. Spielminute entwickelte sich ein zarter Angriffsversuch, das Turbinepflänzchen begann trotz der Herbstzeit zu keimen – und warf kurz darauf die feingrünzarten Blättchen auch schon ab. Man, äh Frau, tat sich schwer, gegen das bewährte Sander Abwehr-Bollwerk anzukommen. Im weiteren Verlauf der ersten Halbzeit entwickelte sich ein ausgeglichenes und kämpferisches Spiel mit Torchancen auf beiden Seiten – und leider auch zahlreichen Fehlpässen. Mit einem 0:0 ging es etwas frustriert in die Halbzeitpause und nun hatte es auch der letzte Potsdamer Fan begriffen, dass diese Partie gegen Sand keine einfache werden würde.

Während der Halbzeitpause verdunkelte sich der Herbsthimmel dramatisch, die Stehplatzbewohner spannten ihre Regenschirme auf, um kurz darauf doch unter das Seittribünendach zu flüchten – denn es schüttete urplötzlich aus allen Kübeln und Eimern, die Regentropfen lösten ein wahres Trommelfeuerwerk auf dem Tribünendach aus. Ein neuer taktischer Zug von Petrus musste her: Warum nicht mal mit einer kalten Dusche versuchen?

Inmitten dieser nassen Dunkelheit wurde die zweite Halbzeit angepfiffen und fünf Minuten später konnte man eine leichte Schattenbildung auf dem Rasen beobachten. Und dann, ja dann… gab es von der Haupttribüne aus etwas Wunderschönes zu entdecken: Ein leuchtendbunter Doppel-Regenbogen zog sich von der einen zur anderen Eckfahne. Etliche Fans griffen nach ihren Fotoapparaten und Handy-Apps, um dieses Naturschauspiel festzuhalten. Erst, als in der 58.Minute der ersehnte Tortreffer durch nun bereits zwei Torwartfrauen abgewendet wurde, war man wieder vollständig bei der Fußball-Sache. Auf der Linie hatte eine Sander Abwehrspielerin nach einem Strafraumgewusel die Flugroute des Balls doch noch umlenken können.

Kurz danach gab es eine Doppel-Auswechslung bei Turbine, Aigbogun und Kellond-Knight verließen den Rasen, um Draws und Gasper auch mal mitspielen zu lassen. Neue Hoffnung kam auf und ein Fan im Block D meinte prophezeiend, dass Anna Gasper heute bestimmt ein Tor schießen würde. Dann stimmten die Fans ihren Gesang „Eijeijeijei-Turbine Potsdam, wir singen und spielen auf jedem Fußballplatz – ein Schuss – ein TOOOOR!… (Turbine).“ – Der Gesang endet abrupt bei dem Wort „Tor“, denn genau in dieser Sekunde lupfte Anna Gasper über die Abwehr hinweg ins Tor. Unglaublich toll – und erlösend! Endlich konnte euphorisch gejubelt und die Blockfahne entrollt werden.

Danach spielte es sich etwas befreiter, die Turbinen versuchten über beide Seiten immer wieder, ein zweites Tor nachzulegen. Sand hielt jedoch entgegen, sodass das Spiel bis zum Abpfiff spannend blieb. Noch spannender machte es Johanna Elsig, die souveräne Abwehrchefin, als sie in der 82.Minute verletzt ausgewechselt werden musste. Sand drang in den Schlussminuten dermaßen auf den Ausgleich, dass es einem schon beim Zuschauen den Atem nahm.

In den Nachspielminuten hielt es die Fans nicht mehr auf den Plätzen und sie tönten „Spitzenreiter- Spitzenreiter -hey -hey!“, als könnten sie damit den Sekundenzeiger vorwärts treiben. Der ersehnte Schlusspfiff ertönte, was den Co-Trainer von Sand gegenüber der Linienrichterin hitzköpfig werden ließ.

Die saisonale und phänomenale Erfolgsgeschichte aus Potsdam wurde nun um ein weiteres Kapitel weitergeschrieben – vier Siege in vier Spielen – das hat keine andere Mannschaft der „Mitbewerber“ in dieser Saison geschafft.

Und dafür gibt es immer einen Regenbogen als Belohnung:-)

Am kommenden Sonnabend rollt dann ein Fanbus nach Bremen – zum DFB-Pokal-Spiel, der bereits ausgebucht ist.

 

Text und Fotos: Susanne Lepke