Zwischen Abraumbergen abgeräumt_Testspiel gegen Sparta Prag
Lesedauer 4 MinutenTestspiel gegen Sparta Prag am 26.08.18 im Friesenstadion zu Sangerhausen
Ca. 100 Turbinefans haben sich am August-Sonnabend per Bahn oder Auto auf den Weg nach Sangerhausen gemacht. Das Städtchen, das von Abraumbergen umsäumt wird, liegt gut 200 km von Potsdam entfernt in Sachsen-Anhalt. Hier werden seit Jahrzehnten die Mifa-Fahrräder geboren. Und auf dem Weg nach Sangerhausen fährt man an Staßfurt vorbei – am Geburtsort der DDR-Fernseher.
Vor zwei Jahren war man hier schon einmal zu Gast, als Turbine Potsdam gegen den USV Jena bei schweißtreibenden 38 Grad testete – und siegte.
Diesmal wartete der Gegner Sparta Prag bei windigem, sonn-erfrischendem Wetter im Friesenstadion auf die Potsdamerinnen. Sparta Prag gehört seit Jahrzehnten zum sportlichen Freundeskreis von Turbine Potsdam. In der letzten Saison hatten die Tschechinnen knapp die Meisterschaft vor Slavia Prag gewonnen – mit insgesamt 5 Mannschaften in der Liga. Regelmäßig werden die tschechischen Gäste zum Turbine-Hallencup begrüßt. Es stand ein ebenbürtiger, weiblicher Gegner für das letzte Testspiel in der Saisonvorbereitung 2018/19 bereit. Und Sangerhausen selbst ist ein Ort, an dem „Freunde zu Gast bei Freunden“ sind.
Das Friesenstadion, das bis zu 5000 Zuschauende schlucken kann, wollte sich an diesem späten Sonnabendnachmittag nicht füllen. Zwei Mannschaften waren extra hierhin angereist, viele Turbinefans hatten sich ebenso auf Reisen begeben, doch das Interesse an diesem Spiel schien bei den Einheimischen begrenzt. Schade. Viel Aufwand, wenig Ertrag – eine Einladung ins „Karli“ hätte mehr Kulisse gehabt.
Die Gastgeber gaben sich jedoch große Mühe. Es ertönten freundliche Stadionansagen, bei denen der Stadionsprecher mehr Fachkompetenz als so mancher Fernsehreporter zeigte. Auch die Tombola wies imposante Preise auf: eine Fahrt mit einem Heißluftballon oder ein Abendessen mit den Mannschaften. Besonders unterhaltsam wirkte die Verkündung der Losnummern, die aufgrund technischer Probleme kaum durch die „schnarrenden NVA-Lautsprecher“ ihren Weg fand. Das klang in etwa so: „Die Losnummer 1krchzz-ei-schnarrr-nf“ gewinnt …“
Der Eintritt war für Frauen und Mädchen frei, die männlichen Besucher durften mit 3€ dabei sein. Die Getränkepreise gestalteten sich als freundlich und die Bratwürste schafften es auch noch irgendwie rechtzeitig vor dem Anpfiff auf den Grill.
Aber das war alles nur Nebensache – nun zum Spiel.
Turbine startete gut in die Partie, bestimmte zunehmend das Spiel und hielt sich überwiegend in der gegnerischen Hälfte auf. Und Bianca Schmidt schien zu einer neuen Höchstform aufzulaufen, denn sie bot – wie bereits eine Woche zuvor beim Spiel gegen die amerikanische Testspielmannschaft – Anlass zum Torjubel. 1:0 – so konnte es weitergehen. Und das tat es dann auch, denn in der 40. Minute stand Svenja Huth bereit für das 2:0. Die in der Luft wedelnde Abseitsfahne wurde vom Schiri nachträglich ignoriert, das Tor zählte. In der Halbzeitpause zeigte der Linienrichter, vermutlich seit mindestens 60 Jahren auf dem Platz stehend, sein wahres Können: Er zeigte eine wunderbare Fußball-Jonglage.
In der zweiten Halbzeit wurde bei Potsdam kräftig durchgewechselt und das Spiel begann dahinzuplätschern. Zu oft probierten es die Potsdamerinnen durch die Mitte – anstatt die Flügel zu bedienen. Auch wenn die Spielweise nicht so recht zu überzeugen schien, klingelte es dank eines „meeeeterweiiiten“ Abseitstores – jedenfalls nach Meinung der wissenden Turbinefans – zum 3:0, geschossen von Melissa Kössler. Und während das große Turbine-Maskottchen plötzlich wie ein Pfeil die Tartanbahn zur Ehrenrunde entlangschoss und die Fans ihren „Olé-olé“-Gesang zelebrierten, erhöhte Anna Gasper auf ein 4:0. Da man aber den Spielverlauf an einer Hand abzählen wollte, kam die eingewechselte Lara Prašnikar des Wegs und erhöhte auf ein nettes 5:0. Eine fette Ausbeute, obwohl die Spielweise nicht so sehr begeisterte. Das Tor, das am Ende unter den Fans am meisten diskutiert wurde, war das 5:1 – der Ehrentreffer für die Pragerinnen.
Nach diesem letzten Testspiel sind die Turbinefans sich in einem einig: Der DFB-Pokalgegner Meppen sollte auf keinen Fall unterschätzt werden. Testspielergebnisse wie ein 16:0 noch ein 5:1 sollten darüber hinwegtäuschen, ob die derzeitige Spielqualität tatsächlich konkurrenzfähig ist. Bedrückende Erinnerungen an das frühe Aus in Bremen werden wach.
Drücken wir unseren Torbienen die Daumen, dass der Start in die DFB-Pokalrunde am 8./9. September erfolgreich gelingt, ebenso der Start in die Bundesliga am 16. September mit einem Auswärtsspiel in Hoffenheim.
Text: Susanne Lepke
Fotos: Susanne Lepke (SL), Saskia Nafe (sas)